Seit Montag morgen, 03:00 Uhr ist es nicht mehr weg zu leugnen: Sollte sich die Hilfe alleine für Griechenland erst auf lasche 20 Milliarden belaufen, sind es inzwischen 123 Milliarden. Nicht nur für Griechenland, sondern für die Summe der sogenannten PIIGS (Portugal, Italien, Irland, Spanien), den EU-Staaten mit den höchsten Haushaltsdefiziten und den größten Schulden. Den Staaten im Süden Europas (aber nicht nur diesen – siehe Irland, siehe demnächst auch Belgien) denen kein Mensch mehr noch mehr Geld leihen mag. Deutschland hat zwar auch inzwischen knapp 1,8 Billionen Euro (=1.800 Milliarden oder 1.800.000 Millionen Euro) angehäuft, aber aufgrund der deutschen Wirtschaftsleistung finden sich immer wieder Anleger, die Neuauflagen alter Schulden kaufen. Von Rückzahlung auch hier kein Gedanke. Und auch keine Chance!
Was für Deutschland gilt, gilt auch für das Gros der Staaten im Norden Europas, wobei Frankreich bereits ein Sonderfall ist, denn dass in einem Land, in dem Gewerkschaften, Generalstreiks und LKW-Fahrer bei jedem Reformversuch das ganze Land lahm legen, ist es schwer vorstellbar, dass hier irgendwann ernsthaft gespart werden kann. Es erschien absehbar, dass auch die Franzosen demnächst auf der Liste der PIGS gelandet wären. Wenn da jetzt nicht dieser große Topf von Montag Nacht wäre von insgesamt 750 Milliarden, die den Euro stützen sollen. Gilt doch in Frankreich (in Italien und Griechenland analog) immer noch das Regelalter für die Rente von 60 Jahren (!), und Herr Sarkozy („Zar Kozy“) träumt davon, es wenigstens auf 65 zu heben. In Schritten, denn zu schnell oder alles auf einmal geht dort nicht. Piano piano oder lentement avec patience. Dazu NEWSWEEK vom 10. Mai 2010. Die Deutschen sollen hingegen künftig bis 67 arbeiten, obwohl auch hier bisher keiner gesagt hat, woher diese Arbeit für die mit 60+ kommen soll, geschweige denn mit 65+. Also letztlich eine Rentenkürzung in einem Land, wo die durchschnittliche Rente für den Mann ohnehin bei knapp 1.000 Euro liegt und für die Frau bei etwa 530 Euro, und wo Rentenerhöhungen so gut wie permanent ausgesetzt wurden, bzw. wo magere Erhöhungen sofort wieder durch Erhöhung der Sozialbeiträge kassiert werden! Aber Deutschland bleibt ruhig. Keine lautstarken Proteste, keine Generalstreiks, keine Blockaden. Die Medien sind auch brav. Denn allzu motzige Journalisten wissen genau, dass sie lohnabhängig und nicht unabhängig sind.
Die fetten Jahre sind für Deutschland vorbei. Jetzt wohl endgültig! Dass der Norden und der Süden schwer zusammen passen, beweist seit mehr als hundert Jahren Italien. Gerne würde sich der Norden vom Süden trennen, weil die Mentalitäten selbst bei gleicher Sprache und Nationalität nicht vereinbar sind. Spanien (Katalanen und Basken), sowie Irland sind weitere Beispiele, von Ex-Jugoslawien ganz zu schweigen. Aber in Europa in seiner Gesamtheit soll das funktionieren. Zu kurz gedacht, zu illusionistisch, zu politisch, zu sehr vom Wunsch geleitet und nicht von der geschichtlichen Erfahrung, von der Ratio. Den Preis dafür zahlen die Bürger, namentlich die kleinen und mittleren Steuerzahler. Für eine Europäische Union, die so keiner mehr wollen kann (die Briten am wenigsten!), für einen Euro, der ein Teuro wurde, und schließlich für ein vom nationalem Egoismus geprägtes Staatengebilde, das nun endgültig zu einer Transfer-Union von Nord nach Süd und von West nach Ost geworden ist. Deutschland wird weiter größter Zahlstaat bleiben, so wie seit 1945 oder genauer gesagt seit 1918, wird sich weiter erpressen lassen, denn wenn ein Volk eine Erbsünde verinnerlicht hat, dann dieses Land. Selbst den nach 1945 Geborenen wurde diese Erbschuld erfolgreich eingetrichtert. Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa! So wird weiterhin kein deutscher Politiker je den Mut haben und auf den Tisch hauen wie damals Margaret Thatcher „I want my money back!“ und die Nettozahlungen kürzen oder gar stoppen. Die nordischen Kühe (nicht nur die deutschen) werden sich melken lassen müssen, bis nur noch Luft kommt und sie schließlich selbst auf dem Niveau der anderen sind. Dafür aber fest eingebunden in der europäischen „Schicksalsgemeinschaft“, mit einer einheitlichen Voodoo-Währung, die einstmals Lire, Franc, Drachmen oder auch Peseta hieß und für die es gegenüber der Mark, dem Gulden, den Kronen oder dem Schilling nur eine Richtung gab: nach unten. Die Schweizer und die Norweger wären schön blöd, wenn sie diesem desolaten Haufen beitreten würden!
Als letztes ist in diesen Tagen schließlich die Europäische Zentralbank eingeknickt. Kauft jetzt Ramschanleihen und nimmt Schulden auf, was gegen die eigenen Statuten verstößt. Gewonnen haben „Zar Kotzy“, der damit die EZB, genau wie vorher die Französische Nationalbank, dem Primat und der Willfährigkeit der Politik unterstellt hat, sowie die Leichtlebeländer mit den ehemaligen Voodoo-Währungen. Unsere Merkel hat´s schließlich abgenickt und wird auch das noch aussitzen, unser kranker Finanzminister lag in der entscheidenden Nacht noch kränker im Krankenhaus, und auf der Stirn des Herrn Schwetzerwelle standen Sorgenfalten. Auf meiner inzwischen auch.
Haben Sie hier bei der BLÖD-Zeitung abgeschrieben? Was wollen Sie uns sagen? Dass Sie Sorgenfalten auf der Stirn tragen weil Deutschland 1918 und 1945 zwei Weltkriege verloren hat (den letzten schuldhaft verursacht) und nun aufgrund verinnerlichter Erbsünde erpressbar sei? Ist das nicht zum Thema EU etwas billig und krude?
Seit kurzem sind wir ja alle Wirtschafts- und Finanzfachleute, kennen uns mit Milliardenbeträgen bestens aus. Ich will den vielen Meinungen kein weiteres Unwissen hinzufügen, frage aber: Wenn der Chef eines der größten Hedge-Fonds pro Jahr 4 Milliarden Dollar verdient (so wird berichtet) – welche Werte hat er dann geschaffen? Ist das möglicherweise genauso virtuell wie die 1,8 Billionen deutsche Staatsverschuldung oder das 750 Milliarden Euro-Rettungspaket?
Innerhalb Deutschlands haben wir den Länderfinanzausgleich. Falls ähnliches europaweit notwendig wird – warum nicht? Schon im alten Ägypten (um 3000 v. Chr.) wurden die Abgaben der Bauern nach Art und Güte ihrer Grundstücke bemessen; merke Bodenschätzung und Bodenwertzahl. Ein Ausgleich unterschiedlicher Produktionsbedingungen wäre so neu also nicht.
Ab und an halte ich mich gern in südlichen Gefilden auf, in den Leichtlebeländern. Allerdings hatte ich noch nie den Eindruck, der griechische Fischer erlaube sich auf meine Kosten ein leichteres Leben als ich im Norden je haben kann. Wollen Sie zwischen dem Bauern aus der Eifel und dem auf Sizilien Zwietracht säen? Wem ab wann wieviel Rente zusteht ist ein anderes Thema.
Ich weiß nicht, welchen Einfluß Herr Sarkozy auf die EZB hat. Aber wenn er das Primat der Politik gegenüber Wirtschafts- und Finanzlobby durchzusetzen versucht – dann sollte man ihn unterstützen! Schabernack mit dem Namen kann ja lustig sein, und die Frage, warum an den vielen Laternenpfählen noch keiner hängt, ernst gemeint. Kümmern wir uns um die Gangster, jeder in seinem Land.
Die Illusion, dass in Europa der Norden und der Süden wie der Westen und der Osten doch zusammen passen, die sollte uns ein paar Milliarden wert sein. Ohne Renditeversprechen angelegt nur zum friedlichen Nutzen unserer Enkel.
Wie gesagt, ich möchte mir das Mitteilen weiteren Unwissens verkneifen. Nur das noch: Finanzmärkte lassen sich nach menschlichem Willen regeln. Naturgesetze scheinen da widerstandsfähiger. Hätte ich Sorgenfalten auf der Stirn, dann wegen eines vollgetankten Golfs vor Amerikas Haustür.