falls Sie diese Sendung versäumt haben, hier finden Sie mehr zum Inhalt und den Diskussionsteilnehmern. Eine ausgewogene und praxisnahe Sendung, was die eine Seite betrifft: Hier der Dachdecker (54), der seit 40 Jahren in Vollzeit auf dem Bau steht und mit 60 – wenn er es so lange schafft – mit einer Rente von etwa 800 € leben muss (mit 65 wären es etwa 1.000 €), die Rentnerin (62) die nach mehr als 35 Berufsjahren als Bürokraft bzw. Krankenschwester eine vorzeitige Rente von 494 € erhält und auf einen zusätzlichen Minijob mit 400 € angewiesen ist, und Rudolf Dreßler (70) von der SPD, den man der Minderheit von realistischen und ehrlichen Politikern zuordnen kann. Auf der anderen Seite ein schneidiger Anwalt, den man nicht unbedingt kennen muss, Honorarprofessor Doktor Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft (siehe dazu auch meinen Beitrag vom 12. August 2010), ein hochdotierter Systembestätiger, von dem bisher herzlich wenig an innovativen Reformvorschlägen in Rentenfragen bekannt ist, und der wortstarke 30-jährige Jens Spahn (CDU), der seit 2002 im Bundestag sitzt und in diesen 8 Jahren bereits einen Rentenanspruch (ohne eigene Einzahlung!) von rund 1.600 € angesammelt hat (zusätzliche Information zur Politiker-Altersversorgung finden Sie u. a. auf Seite 93 ff in meinem Buch „Wenn das Wochenende 7 Tage hat“).
Was mich nachhaltig ärgert, ist dass keiner der als stets „hochkarätig und kompetent“ gepriesenen Teilnehmer auch nur mit einem Wort das gesamte Renten- und Pensionssystem in Frage stellte. Herr Dreßler (SPD) kam der Sache noch am nächsten, als er anführte, dass die versicherungsfremden Leistungen die staatlichen Zuschüsse in die Rentenkasse bei weitem übersteigen, oder auch, dass bei der Wiedervereinigung die gesamten Rentner der ex-DDR mit einem Schlag aus dieser Rentenkasse bezahlt wurden – genau wie übrigens die Rentner der etwa 5 Millionen Spätaussiedler oder auch die für Zwangsarbeiter oder KZ-Opfer. Ohne in irgendeiner Weise die Ansprüche dieser Gruppe schmälern zu wollen (!), aber bezahlt werden müssten diese Renten aus dem allgemeinen Steuertopf, in dem ALLE einzahlen (auch die Beamten, die Politiker, die Selbstständigen und Freiberufler, sowie all jene, die in eine Ständeversicherung einzahlen – wie Ärzte oder Juristen) und nicht aus einer gesetzlichen Rentenkasse, die sich deswegen immer wieder vorhalten lassen muss, dass sie auf Steuerzuschüsse angewiesen ist, weil ansonsten längst pleite! Rentenerhöhungen sind deswegen inzwischen so gut wie dauerhaft ausgeschlossen.
Diese gesetzliche Rentenversicherung müsste endlich als Versicherung geführt werden (übrigens genau wie die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung) und nicht wie ein Selbstbedienungsladen der Politik (auch diesbezüglich können Sie mehr in meinem Buch ab S. 93 lesen). Langfristig wird eine komplette Umgestaltung ALLER Renten- und Pensionssystem unumgänglich sein, frei nach dem Muster der Schweiz oder auch Holland – nämlich eine menschenwürdige Grundversorgung im Alter für jeden Bürger von in etwa 1.000 €, sowie individuelle Zusatzrenten aus Betriebs‑, staatlichen oder privaten Kassen.
Frage an die Talk-Shows (nicht nur an Frau Maischberger): Warum werden endlich nicht Personen eingeladen, die qualifiziert über eine echte Reform reden, sondern nur solche, die immer wieder den gleichen inhaltslosen Dampf ablassen.